Karpaten-Tour durch Slowakei, Ukraine und Rumänien

In der Ukraine

Wir verließen die Slowakei und fuhren an die Grenzhäuschen der slowakischen Grenzstation heran und ein Stück weiter, als sich niemand zeigte. Das war aber ein Fehler. Wir sahen nicht durch die bis auf einen Spalt heruntergelassenen Rolläden die Grenzbeamte, die das mit einer zweimaligen genauen Kontrolle der Dokumente quittierten.
Dann rollten wir weiter zur ukrainischen Grenzstation. Als Motorradfahrer durften wir auf der gesperrten Spur ganz vorfahren. Dort standen schon drei tschechische Motorräder (BMW Enduros mit Wasserkanister, Benzinkanister, verschließbaren Metallkoffern. Mit den Maschinen hätte man auch eine Mongolei-Tour fahren können).
Die Tschechen sprachen gut deutsch und so konnten wir uns über geplante Reiseziele unterhalten. Auch später als Übersetzter leisteten sie gute Dienste (Tschechisch, Slowakisch und Ukrainisch sind ähnliche Sprachen). Wie die meisten Motorrad-Tourenfahrer waren es ganz nette Leute.
Wir hatten viel Zeit, da gerade Wachwechsel war und nach 1 1/2 Stunden waren wir dann endlich abgefertigt. Allerdings von den Zollbeamten noch mit guten Ratschlägen versehen, auf keinen Fall unsere Motorräder zu verkaufen, da das Kennzeichen im Pass eingetragen sei und keine weiteren Personen mit der Maschine fahren zulassen. Auch nicht untereinander. Die überall als äußerst wichtig angegebene Auslandskrankenversicherung für die Ukraine wollte eigentlich keiner sehen. Wahrscheinlich nur wenn man sie nicht hat!


WICHTIGER HINWEIS April 2011! Die Einreise in die Ukraine ist weiter erleichtert worden. Es wir nur noch Reisepass, Bestätigung der Krankenversicherung für die Ukraine und die grüne Versicherungskarte benötigt. Einreisedauer 10 Minuten.
Jetzt ist nur die Ausreise und Einreise nach Ungarn das Zeitproblem. Komplettes Auspacken von Taschen, suche nach Zigaretten (Ungarn akzeptiert nur 2 Päckchen bei der Einreise per Auto oder Motorrad - achten nicht auf EU-Vorgaben und sind absolut unhöflich) und was auch immer.


Noch ein wichtiger Hinweis für alle, die mit dem Motorrad in Ukraine fahren wollen.

ACHTUNG! Motorradfahrer sollten bereits über eine mehrjährige, intensive Fahrpraxis verfügen und ihre Maschine beherrschen können. Die Strassen sind nicht für Funbikes oder Cafe-Racer geeignet. Kurven-Fetischisten sind hier völlig fehl am Platze. Auch mit sehr schweren Maschinen kann man arge Probleme bekommen.


Anmerkung 2011 - der Straßenzustand hat sich nicht verbessert! Es sollten Straßen ohne stabilen Fahrbahnbelag nur bei entsprechenden Wetterverhältnissen und den dafür passenden Motorradtypen befahren werden. Einen markenbezogenen Motorradservice gibt es meistens vor Ort nicht. Bei einfachen mechanischen Problemen können heimische Werkstätten helfen - leider gibt es öfters ein Verständigungsproblem.


Ein Link zum Verein zur Erhaltung einheimischer Haustierrassen in den Karpaten

Toller Kurzfilm über die Karpaten und ihre Bewohner bei YouTube

Für weitere Fragen die Ukraine betreffend empfehle ich dieses Forum.
Mehr Bilder und Reiseberichte auf der Seite von Gerhard Bartosch www.ukraina.at.
Leider nur in englisch die offizielle Transkarpatien-Webseite.
Eine grobe Übersichtskarte von Transkarpatien ( Sakarpatska Oblast ) gibt es bei Wikipedia.
Interessant auch Bilder von 1938 aus Transkarpatien, damals noch Teil der Tschecheslowakei in Groß-Mähren.
Hier ist eine Übersicht der Landkarten von Transkarpatien.

Google-Map für Peretchyn

Ein empfehlenswerte Unterkunfts in Mukatschevo

Wer in Mukatschewo (Mukatschevo, Mukatschewe, ukrainisch Мукачеве) eine nette Unterkunft für die Durchreise sucht oder ein dort ein paar Tage dort verbringen möchte, kann sich an Oksana und ihren Mann Desider wenden, die zwei Ferienhäuser (nebeneinander) am Rande der Stadt unter der Burg Palanok für Gäste aus aller Welt anbieten.

Sie sprechen neben der Landessprache, deutsch (was ein enormer Vorteil ist), spanisch, russisch und ungarisch und bieten auch Besichtigungs- und Wandertouren durch die Karpaten an.
Adresse: Str. Ilona Zrini 179, 89602 Mukacheve (Mukatschewo, Mukatschevo, Мукачевский), Transkarpatja, Ukraina
Kontakt: Mobil +38066-0303-066. oder +38099-723-4295
Email: Оксана Гайдучик

Hier haben wir ein paar schöne Tage auf unserer Motorradtour 2010 verbracht, auch wenn das Wetter oft nicht ganz so toll war.
Sehr empfehlenswert ist auch das Restaurant "Trantir" in der Fußgängerzone. Es kommen ca. 10.000 Biker pro Jahr hierher. Das Essen war außerordentlich - alles zubereitet mit frischen Zutaten, so richtig nach Mutters-Art.

NEU - Ein Bauernhaus in den Karpaten

Ein Ferienhaus in den Karpaten mieten wo Wolf und Bär sich "Gute Nacht" sagen! Bären und Wölfe gibt es hier aber nicht! Dazu müßte man schon tief in die Wälder gehen um diese scheuen Tiere sehen zu können.

Dieser alte Bauernhof ist ein echtes Highlight für alle Naturliebhaber und Leute, die Spass am einfachen Leben haben. Wasser kommt direkt vom Brunnen und ein abseits stehendes Toilettenhäuschen dient als "stilles Örtchen". Alles ist so, als wäre die Zeit stehengeblieben. Das Wohnhaus hat zwei Schlafräume für ingesamt 7 Personen und ein Esszimmer mit altem Ofen. Die Küche mit Elektroherd liegt direkt im Eingangsbereich.
Es besteht die Möglichkeit, auf dem Heuboden zu schlafen oder im weiträumigen Areal Zelte aufzustellen.
Milch kann man von der Nachbarin holen - direkt von der Kuh; ebenso die Frühstückseier.

Wer einmal richtig rustikal Urlaub in den Karpaten machen möchte und auf 5 Sterne-Luxus verzichten möchte, dafür aber Landschaft und Natur pur genießen möchte, ist hier goldrichtig!
Das Haus liegt in der Nähe von Mischgirja am Rande eines kleinen Dorfes. Es ist von dort nicht weit zum See Sinewir.

Ein ideales Feriendomizil nicht nur für Biker. Wir waren begeistert!

Kontakt: Mobil +38066-0303-066. oder +38099-723-4295
Email: Оксана Гайдучик

... und weiter geht es mit dem Reisebericht ...


Fahrt zur ersten Station nach Peretschin

Die Verzögerung an der Grenze lagen noch in unserem Zeitrahmen und wir machten uns jetzt auf den Weg nach Peretschin ( Peretschyn ), das ungefähr 20 km vor Uzgorod ( Uschhorod ) liegt. Im Internet auf der Seite http://www.uzhtal.de des Freundeskreis der Partnerstädte Darmstadts e.V. gab es eine Aufstellung von Hotels im Uzhtal (Die Seite ist sehr verwirrend strukturiert und man entdeckt manchmal nach dem Klicken eines Menüpunktes plötzlich weitere Unterpunkte).
Darmstadt ist die Partnerstadt von Uzhorod und Herr Gooss, der Vorsitzende, sehr engagiert im Ausbau der ersten touristischen Infrastrukturen.

Vor dem Ortsschild

Die Hauptstraßen waren schlechter als in der Slowakei, sehr huppelig, so dass man eigentlich nie in die Versuchung kam, das Tempolimit von 90 km/h zu überschreiten. Wie sehr haben wir uns manchmal gewünscht mal wieder annähernd so schnell zu fahren.
Nach ca. 30 km waren wir angekommen in Peretschin ( Peretschyn ).

Jetzt nur noch das Hotel finden. In der Nähe vom Bahnhof soll das Hotel "Berischka" sein. Wir fuhren die Hauptstraße durch den Ort durch. Nichts! Hmm, und wieder zurück. Jetzt sahen wir ein kleines Schild an einem Strommast, Hotel "Berischka". Durch eine kleine Gasse kamen wir jetzt zum Hotel, das praktisch in zweiter Reihe zur Hauptstraße liegt. Wie auf dem Bild sah es nicht ganz aus, das war ca. 5 Jahre alt und es wurde gerade um- und angebaut. Der erste wichtige Punkt war jetzt, ein Bett für die Nacht zu bekommen, der zweite, nicht minder wichtige Punkt war Geld zu tauschen.

Das Hotel "Berishka" in Peretschin

Ich betrat das Hotel-Restaurant "Berischka" und sah mich einer Schar netter, hübscher, junger Damen gegenüber, die jedoch kein deutsch und kein englisch sprachen. Lediglich eine konnte ein paar englische Brocken. Zimmer waren frei, Preis war mit EUR 35,- für zwei Zimmer sehr günstig und Geld konnte ich auch tauschen (EUR 100,- = 600 Gremlins (wer kann sich schon Griwna merken).
Prima, wenn da nicht diese schummrige Atmosphäre und auf der kleinen Bühne eine Stange vom Boden bis zur Decke gewesen wäre. Die Schar Damen ergänzte nun nahtlos meine Befürchtung, in einem horizontalen Betrieb gelandet zu sein. Ich ging raus zu Walter und Manfred um Ihnen meine Befürchtungen mitzuteilen.

Viel Platz hatten wir in unserem Zimmer

Wir beschlossen, uns erst einmal die Zimmer zu betrachten und dann weiterzusehen. Ich teilte mir mit Manfred ein Zimmer, Walter hatte ein kleineres Zimmer alleine. Alle Zimmer hatten Dusche, WC und Sateliten-TV. Unser Zimmer war ein Apartment mit zusätzlich Sofa, Sessel und Tisch. Wer keine hohen Ansprüche hat, wird damit mehr als zufrieden sein.

Nachdem wir die unsere Sachen auf das Zimmer gebracht hatten, beschloßen wir erstmal Essen zu gehen, da wir seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatten. Das war einfacher geplant als getan.
Wie schreibt sich Restaurant? Wie sehen Restaurants überhaupt hier aus? Wie fragen wir nach einem Restaurant?
Ich stellte fest, dass ich meine Papiere im Hotel vergessen hatte. Also zurück, hoch aufs Zimmer, zum Glück noch war noch alles da und wieder runter zum Motorrad. Gerade als ich wegfahren wollte kam ein Mercedes angefahren, parkte vor dem Hotel und drei Männer im Anzug und mit Sonnenbrille stiegen aus, die durchaus mein Klischee von der Russen-Mafia voll erfüllten. Das passte genau in mein Bild, das ich mir vom Hotel gemacht hatte.

Das Restaurant "Satischok"

Wir fuhren aus dem Ort raus und etwas sinnlos rum, bevor wir Passanten am Straßenrand nach "Restaurant?" fragten. Die Handbewegungen gingen zurück und nach rechts. Na also, die Richtung hatten wir. Um die Kurve rum standen junge Zollbeamte und hielten uns an. Es stellte sich aber raus, dass Sie nur Bilder von sich auf unserem Motorrad machen wollten. Wir fuhren weiter. Gegenüber auf der Straße standen gutgekleidete Leute vor einem Haus mit der Schrift "Satischok". In der Tat, das war ein Restaurant. Gemütliche Einrichtung, viele Familienfeiern (wir dachten weil Sonntag war). Die Getränke zu bestellen war kein Problem,"twa Cola y Voda". Klappte gut. Das mit der Speisekarte war schon schwieriger, nicht das alles nur ein ukrainisch dastand, zu allem Überfluß schreiben die Ukrainer ja noch kyrillisch, was grundsätzlich alles noch viel spannender macht. Die Bedienung, obwohl das Mädchen vielleicht gerade mal zwanzig war, konnte keine Fremdsprache. Salaty verstand sie und Walter mach den Flügelschlag eines Huhnes nach mit den Lauten "boooogggg". Das ist irgendwie international verständlich. Es kam ein gemischter Salat und riesige Hühnerschenkel von bestimmt glücklichen Hühnern (vor dem Ableben) mit einer ketschupähnlichen Soße. Schmeckte aber echt prima. Um uns herum feierten die Leute, tanzten, tranken (und wie ...) und waren absolut gut drauf. Wir bezahlten 50 Gremlins (Griwna - kann ich mir einfach nicht merken), etwa EUR 8,- für alles. Was für ein Preis/Leistungsverhältnis. Als wir das Lokal verließen, folgten uns andere Gäste, um uns wegfahren zusehen und zahlreiche Fragen stellten, die wir aber nicht alle verstanden.

Da wir Sateliten-TV hatten, mit dem freigeschalteten Kanal 44, der unser Verdacht nur weiter bestätigte, beschloßen wir noch nach Naschsachen und Trinkbarem Ausschau zu halten. Am Bahnhof war auch ein MiniABC der geöffnet hatte. Dort gab es alles was wir suchten. Vor dem Eingang saßen Frauen, deren Abstammung mit Sicherheit von Sinti und Roma herzuleiten war. Das war exakt das einzige Mal in der Ukraine, dass uns jemand um Geld anbettelte.

Zurück im Hotel lernten wir die Chefin kennen, die unsere Ausweise benötigte, um die Anmeldung auszufüllen. Eine nette, hübsche, junge Frau so um die dreißig. Sie machte einen sehr mondänen Eindruck, super gekleidet, adrett geschminkt und mit dem neusten Handyluxusmodell ausgestattet. Aber eben sehr nett und zuvorkommend. Sie sprach ein wenig englisch und lud uns abends ein in das Restaurant zukommen. "Klar" dachten wir uns, zum "Tabledance". Auf unserem Zimmer machten wir erstmal den gekauften Wodka auf, das Nationalgetränk, zu erwerben ab EUR 2,- der halbe Liter, bis den Besten für EUR 30,-.

statt Tabledance Playback mit Sängerin

Die Musik aus dem Restaurant konnten wir bis in unser Zimmer hören, klang aber eher nach Karaoke. Das wollten wir uns ansehen. Als wir in den Gastraum kamen stand auf der kleinen Bühne ein Tisch mit PC der an eine Anlage angeschlossen war, dazu sang eine Sängerin live. Wir bestellten uns Bier und beobachteten unser Umfeld. Auch hier alle Tische voll mit Gesellschaften, die aßen und tranken und kräftig feierten, tanzten und mitsangen. Das volle Stimmungsprogramm.
Wir fragten die Chefin ob wir unsere Motorräder im Hof stehen lassen könnten, Sie aber bestand darauf, diese in den Gang, der zum Restaurant führte abzustellen. Wir betrachten uns die Gegebenheiten, drei Stufen hoch, gleich rechts um die Kurve. Der Gang war wohl 4 Meter lang und 2 Meter breit. Unmöglich??? Doch, doch. Weil da wären sie eingeschlossen.
Also los, selbst wenn es klappte, würden die Gäste kaum mehr das Restaurant verlassen können. Fehlanzeige! Es klappte prima. Scheint so als hätten schon mehr Motorräder hier übernachtet.

Das war unser erster Abend in der Ukraine und wir stellten fest, dass unsere Vorurteile völlig unberechtigt waren. In der Ukraine hat die Bekleidung einen wesentlich höheren Stellenwert als bei uns.

Fünfter Tag - Fahrt in die Karpaten

Wir wurden morgens bereits um 6 Uhr wach, da sich neben dem Hotel ein Garten mit Hühnern und zwei Schweinen befand. Dem Geräusch nach zu urteilen glaubten wir, dass eines der Schweine zu Wurst verarbeitet werden sollte, es war jedoch nur die Fütterung, die die Schweine zu diesen Lauten veranlasste. Der Hahn krähte ebenfalls im Minutentakt und im Hotelhof versuchte man über eine halbe Stunde ein Auto zu starten, was jedoch beharrlich den Dienst verweigerte. Auch der Glockenturm der orthodoxen Kirche war ganz in der Nähe und das Glockengeläut wiederholte sich alle halbe Stunde in bemerkenswerter Lautstärke.
An ein Weiterschlafen war da nicht zu denken. Nach dem Badprogramm, zogen wir uns an und packten unsere Sachen, fuhren die Motorräder aus dem Flur und gingen frühstücken. Die Frau die uns bediente sprach ungarisch, dass ich auch ein wenig beherrsche. So war es einfach unsere Frühstückswünsche zu vermitteln.

Auf diesen Straßen ist man voll gefordert

Dann schnallten wir das Gepäck auf die Maschinen und los ging es in die Waldkarpaten. Die Tschechen, die wir an der Grenze kennenlernten, wollten zu einem See in den Bergen. Anhand meiner Transkarpatien-Karte, die es nur von einem ungarischen Verlag gibt, der zu den ukrainischen (kyrillisch) auch die alten ungarischen Ortsnamen aufführt, fanden wir die Stelle recht schnell.
Auch unser Ziel war dieser See. Wir fuhren aus dem Ort heraus Richtung Poljana ( Poliana ), das etwa 100 km entfernt lag. Die Strasse war erst sehr holperig, dann lernten wir richtige ukrainische Straßen kennen. Der Straßenbelag fehlte zum Teil und immer wieder mußte man riesigen Schlaglöchern ausweichen, die nie einzeln, sondern gerne als Schlaglochfelder auftraten. Nach anstrengenden 100 Kilometern kamen wir in Poljana ( Poliana ) an und suchten eine Bank zum Geld tauschen, da der Bank-o-mat in Peretschin nicht funktionierte. Pech, die Bank war geschlossen. Wir fuhren auf die Magistrale Uzhorod - Richtung Kiew, eine super ausgebaute Strecke mit der Bezeichnung M06 (E 50), mit vielen Kurven in dem gewunden Tal des Flusses Latorca, auf der das Fahren wieder richtigen Spass machte.
In Nischni Worota ( Nizhny Vorota ) verließen wir die Europastraße und fuhren Richtung Wolowez ( Volovec ). Wir machten an einem Aussichtspunkt hoch über der Stadt eine Pause. Dort lernten wir drei weitere Tschechen (Vater, Großvater und Schwiegersohn) kennen, die mit dem Fahrrad durch die Karpaten reisten und ebenfalls dort pausierten.

Weiter ging die die Fahrt Richtung Mischgirja (Mischhirja, Mizhir'ya ). Das völlige Fehlen der Richtungsschilder Zwang uns zu einer öfteren Kartenkontrolle des Weges. Wir kamen durch noch sehr ursprüngliche Dörfer. Meist erstrecken sich die Orte über mehrere Kilometer, echte Straßendörfer ohne Querstraßen. Die Straße ist der Hauptaufenthaltsort wohl für die Haustiere und die Menschen. Alles findet auf der Straße statt. Vor jedem Vorgarten steht eine Bank, auf der die Menschen sitzen und die Seele baumeln lassen. Das Leben ist hier sehr ländlich strukturiert. Nichts desto Trotz sind wir oft von Jugendlichen mit dem Handy fotografiert worden. Ich schätze die Handydichte ist nicht geringer als bei uns.
Das beste Beispiel für die Beschreibung der Ukrainerin war allerdings eine Dame Anfang dreißig, die mit einem Zweig, der noch ein paar Blätter an der Spitze hatte, Ihre Kühe durch das Dorf trieb, perfekt geschminkt und gestylt, mit Ihrem Handy am Ohr.
Prinzipiell scheint keine Ukrainerin das Haus ungestylt zu verlassen, das gilt auch schon für junge Mädchen. Der Kleidungsgeschmack ist (äußerst) betont weiblich. Die Männer tragen gerne stoppelkurze Haare und Sonnenbrille, was für uns wie eine kollektive Russenmafia-Zugehörigkeit aussieht. So verschieden sind eben die Geschmäcker.

Das Restaurant in Mischgirja

Als wir in Mischgirja (Mischhirja, Mizhir'ya ) angekommen waren, stoppten wir gleich am Ortseingang bei einem Restaurant, an dem man draußen sitzen konnte. Daneben war praktischer Weise gleich eine Tankstelle, die ich auch nutzte, da mein Motorrad alle 150 Kilometer eine neue Tankfüllung braucht. Tankstellen gibt es in der Ukraine eigentlich in ausreichender Menge, weniger allerdings in kleinen Dörfern.
Zum Bestellen betraten wir die Gaststätte, die Getränke konnte man per Fingerzeig aus dem Kühlschrank wählen und verschiedene Gerichte waren auf dem Tresen drapiert. Also wir nehmen das, das, das, das und das auch. Prima, wer sagt es, war doch ganz leicht und dazu "salaty" und "risz". Wenig später wurde das Essen aufgefahren und schmeckte prima. Hoher Besuch hatte sich auch eingestellt. Ein höherer Regierungsbeamter, Minister; Staatssekretär ???(das Auto hat eine Staatsnummer) machte auch Pause mit seinem Fahrer. Er beriet uns noch in Sachen der Eissorte als Nachtisch.

In Mischgirja (Mischhirja, Mizhir'ya) mußten wir abbiegen, um zu dem See Sinevir (Sinwir, Synevyr) zu kommen. Zuerst jedoch ging es über eine Berghöhe, die uns einen riesigen Ausblick bescherte. Oben auf der Berghöhe war ein großes Haus, das von weitem wie ein Hotel aussah. Leider war es nur eine Bau- oder Umbau-Ruine. Schade, wäre in idealer Standort für ein Hotel. So fuhren wir weiter.

Angekommen am See

Das Hotel Arnika

Je näher wir dem Ziel kamen, desto übler wurde wieder die Straße. Durch den letzten Ort Sinevirska Poljana (Sinewirska Poljana, Svynevyrs'ka Poljana) ging es nur im Schritttempo. Dann mußten wir an der Einfahrt zum Nationalpark Eintritt zahlen, etwa EUR 1,- pro Nase. Nach weiteren 5 Kilometern waren wir am Ziel; dem einzige Hotel, das Hotel "Arnika", welches im Sommer geöffnet hat. Die Hauptsaison ist im Winter und alles ist auf das Skifahren ausgerichtet. Auch Pferdeschlittenfahrten sind möglich. Es lohnt sich bestimmt einmal im Winter dorthin zu fahren. Die Berge im Umkreis haben eine Höhe von 1500 Meter ü.N. Der Ort selber dürfte auf 1000 Meter Höhe liegen. Der See ist der höchstgelegenen See der Ukraine.
Die Einfahrt zum See "Sinevir" (Sinewir, Synevyr), auf dessen Weg das Hotel lag, war noch einmal kostenpflichtig, aber wir wollten die Motorräder schon gerne in der Nähe des Hotels haben.
Das Zimmer war gemütlich, Dusche und WC auf dem Zimmer und der Preis von EUR 25,- für das Dreibettzimmer recht günstig. Die Hotelpreise sind übrigens festgelegt und amtlich bestätigt und gelten für Einheimische wie Touristen.
Auch unser Problem mit dem Geld tauschen konnten wir hier lösen und wie immer gab es für EUR 50,- = 300 Griwna. Der offizielle Kurs ist EUR 50,- = 315 Griwna. Also ein erträglicher Verlust, wenn man keine Bank findet.

Das Hotel hatte einen weiteren Vorteil. Unter das weit vorgezogene Dach der Veranda konnten wir unsere Motorräder stellen, so dass sie bei kleineren Schauern trocken blieben. Das Wetter in den Karpaten kann schnell umschlagen.

Feiern mit den Ukrainern

Hier lernten, wir eine Gruppe hoher ukrainischer Polizei-Offiziere mit Fahrer (er durfte ja nichts trinken) kennen, die an diesem Feiertag hier zusammen feiern wollten. Einer von Ihnen sprach sehr gut englisch, so dass wir uns gut unterhalten konnten. Da ein anderer 20 Jahre in Ungarn damals zu Sowjet-Zeiten stationiert war, sprach er perfekt ungarisch und so war auch eine weitere Unterhaltung in ungarisch möglich.
Wir wurden eingeladen mit zu feiern. Also "hoch die Tassen", die Wodka-Flaschen standen auf dem Tisch und wollten geleert werden. Mit zu essen mussten wir leider ablehnen, da wir ja gerade zwei Stunden früher gegessen hatten und auf Grund der Menge noch voll satt waren.
Wir unterhielten uns über Deutschland, die Ukraine und alles was so von Interesse war. Alle waren bei der "Roten Armee" und einer ein früherer Kommandant in Leipzig. Aber gestern war gestern und heute ist heute. Jeder mußte eine kleine Ansprache halten, die dann übersetzt wurde. Ein wirklich schöner, feuchtfröhlicher Abend.
Wir feierten dann in der gegenüberliegenden Hütte weiter und erfuhren, dass in dieser Hütte, an der Feuerstelle, eine Gruppe Jäger, die vom Schnee überrascht wurde, hier einen ganzen Winter verbrachte und so überlebte. Diese Hütte ist wohl in der ganzen Ukraine bekannt und dadurch ein beliebtes Ausflugsziel.

weiter ging es feucht fröhlich zu

Nach dem wir die netten Polizisten verabschiedet hatte und sie in Ihrem Dienstwagen zurück fuhren. Gingen wir wieder in das Hotellokal um die verbliebenen Wodkaflaschen zu leeren (es soll ja nichts verschwendet werden).
Kurze Zeit später setzte sich ein Pärchen aus Kiew, die auch zum Feiern diesen Platz ausgesucht hatten, zu uns. Olga konnte sehr gut deutsch, so daß wir uns prima unterhalten konnten. Die beiden waren als echte Ukrainer auch äußerst trinkfest und so saßen wir noch so 1-2 Stunden zusammen und unterhielten uns über "Gott und die Welt", bis das Lokal schloß.

Sechster Tag - weiter ging es durch die Karpaten

Diesen Morgen wachten wir das erste Mal mit einem "leichten Kater" auf. Wir beschloßen uns auf alle Fälle den See Sinevir (Synevyr), noch zu betrachten und da das beste Mittel gegen einen Kater körperliche Betätigung ist, liefen wir den etwa 2 Kilometer langen Weg, der teilweise ordentlich bergauf führte, zu Fuß. Es ist auch möglich mit Kraftfahrzeugen dorthin zufahren, nur sollte man unterwegs nicht zu stehen kommen, da das Anfahren an der Steigung schwierig ist.
Der See Sinevir (Synevyr) ist äußerst sehenswert und ein oft besuchtes Ausflugsziel, wie man an der Touristenattraktionen auf den folgenden Bildern sehen kann.

Weitere Links zum See:
http://www.eastern-images.de/PHP/1997/ua_1997-04.php
Informationen zum See "Sinevir"
Die Sage über die Entstehung des Sees Sinevir

Karte dazu von Google-Map

Leider ist die Auflösung bei Google Earth noch recht dürftig, nebenan ist schon die bessere Auflösung. Karten sind auch noch nicht hinterlegt.

Ein nettes Video von dem See Sinevir und der Fahrt durch die Karpaten findet sich auf Youtube

Die härteste Strecke durch die Karpaten

Nach dem Abstieg packten wir unsere Sachen auf die Motorräder und fuhren den Weg zurück nach Sinevirska Poljana (Svynevyrs'ka Poljana). Unterwegs trafen wir wieder die drei tschechischen Radfahrer, die uns erzählten, dass sie auf der Berghöhe, an der wir gestern vorbei kamen, in einer Grillhütte übernachtet hatten. Sie hatten Schlafsack und Verpflegung immer dabei. Das Tempo der drei war jedoch enorm. Hut ab vor dieser Leistung. Weiter ging es wieder durch Richtung Kolotschawa (Kolocava). In diesem Ort teilte sich die Straße und wir bogen ab nach Dragowo (Drahove). Ein Hinweisschild? Fehlanzeige. Jetzt begann die abenteuerlichste Strecke unserer Fahrt. Der Straßenbelag wurde bei Hochwasser durch den Fluß wegspült, das war aber wohl schon länger her (Wie ich später auf einer anderen Seite in Erfahrung brachte, wurde die Hauptstraße an mehreren Stellen vom Fluß bei einem großen Hochwasser im Jahr 1999 weggespült und nur durch losen Schotter wieder ersetzt). Es entstand so eine Schlaglochpiste für die wir für knappe 20 km fast 2 Stunden benötigten.

Nach dem wir durch Dragowo ( Drahovo ) und weitere Ortschaften durchgefahren waren erreichten wir Buschtino ( Bushtyno ). Das ist eine größeren Ortschaft und hier fanden wir auch eine Bank zum Geld tauschen.
Wir machten eine kleine Pause und aßen ein Eis, da gleich neben der Bank eine Eisdiele war. Dann ging es weiter Richtung Rachiv ( Rachiw ) , immer an dem Fluß Theiß lang. Auf der anderen Seite lag bereits Rumänien.

Im Nachhinein habe ich noch eine weitere Reisebeschreibung von Fahrradfahrern gefunden, die fast den gleichen Weg durch die ukainischen Karpaten fuhren. Lesen Sie deren Erlebnisse.

Ebenso interessant der Reisebericht über eine Fahrt durch die Karpaten mit dem Auto. Die gleichen Wege habe ich bei der ersten und zweiten Motorradtour auch genommen. Was ein Zufall. Leider habe ich damals noch nichts von Ust-Corna gewußt.

Unser Hotel bei Rachiv

Blick aus unserem Fenster

Obwohl die Straße in der Karte rot eingezeichnet war (Bundesstraße), mußte man auch hier höllisch auf Schlaglöcher achten. Landschaftlich ist das Tal der Theiß besonders sehenswert und es macht macht Spaß die sanften Kurven im Talverlauf zu fahren.
Nach dem wir durch Rachiv ( Rachiw ) gefahren waren, eine hübsche, kleine Stadt, hielten wir Ausschau nach einem Hotel. Das fanden wir auch etwa 10 km von Rachiv ( Rachiw ) entfernt, etwa auf halben Weg nach Jasinja.
Auch mit diesem Hotel hatten wir großes Glück. Es heißt "Lisova Kazka" und liegt direkt am Rande des Nationalparks. Es ist ganz als Jagdhotel eingerichtet und die Speisekarte war in ukrainisch und englisch gedruckt. Welch ein Glück. Das Niveau des Hotels war gehoben, dass merkte man schon an der Aufmachung der Speisen. Überhaupt ein sehr schönes Hotel, dass wir durchaus, wie alle anderen auch, weiterempfehlen können. An der Wand hingen Bilder des Inhabers mit Michael Gorbatschow, wahrscheinlich noch während seiner Amtszeit. Das Zimmer war das Luxusapartment für EUR 45,- direkt unter dem Dach mit zwei Zimmern. Im Wohnzimmer stand eine Couch als dritte Schlafstelle. Ein Dreibettzimmer gab es nicht.

Nach dem Essen saßen wir noch eine Weile. Alles in allem waren wir an diesem Tag nur 180 Kilometer weit gekommen und doch fast 10 Stunden unterwegs gewesen, allerdings inklusive der Pausen. Aber ab und zu muß man sich die Beine vertreten und der Hintern freut sich, mal nicht auf dem Motorrad zu sitzen.

Siebter Tag - Fahrt nach Rumänien

Am nächsten morgen frühstückten wir ausgiebig, beluden unsere Maschinen und fuhren den Weg zurück nach Rachiv( Rachiw ) und weiter nach Solotwino ( Solotvyna ), wo ein Grenzübergang eingezeichnet war (Dieser ist allerdings nur für Rumänen und Ukrainer) . Unterwegs war in einem Ort Markt, der sich durch alle Seitenstraßen und die Hauptstraße zog. Ein wirklich buntes Treiben mit dichtem Gedränge. Während ich auf der Bank Geld tauschte, um noch ein paar Mitbringsel zu kaufen, hielt ein Motorrad der Marke "Drut" (alter BMW-Nachbau) und der Fahrer fotografierte unsere Motorräder mit seinem Handy. Im Gegenzug hielten auch wir sein Motorrad für absolut eines Fotos Wert.
Wir kauften in dem Ort Solotwino ( Solotvyna ), an dem der Grenzübergang eingezeichnet war, im örtlichen Lebensmittelladen noch Zigaretten (Stange "Marlboro light" EUR 6,-) für die Raucher daheim und ein paar Flaschen Bier, welches uns die tschechischen Radfahrer empfohlen hatten, "Mitschne" mit 7,5% Alkohol, ein echtes ukrainisches Starkbier. Schmeckt übrigens, wie überhaupt das Bier in der Ukraine, recht gut; sowie Wurst, Wodka und Naschsachen für Walter.
Wie wir allerdings dann feststellen mußten, gab es den Grenzübergang jedenfalls nicht und wir mußten über Tjatschiv ( Tjatschiw ), Hust ( Chust ) nach Winogradiv ( Wynohradiw ) , etwa 80 Kilometer, fahren von wo die Straße erst zur ungarischen Grenze, dann weiter zur rumänischen Grenze führt.

Das Wetter wurde regnerisch mit Schauern und entwickelte sich dann zu einem permanenten Nieselregen. Der Straßendreck klebte zentimeterdick an unseren Motorrädern.

Nach mühsamer Fahrt auf der üblen Piste kamen wir an den Grenzübergang und mußten diesmal nicht lange auf Abfertigung warten. Nach dem die ukrainische Zöllnerin sich Manfreds Beutel mit dreckigen Sachen zeigen ließ, der in einer Packtasche war und Walter seine Sitzbank abnehmen mußte, konnten wir nach der Pass und Fahrzeugpapier-kontrolle die Ukraine verlassen. Es regnete nicht mehr, ist auch was wert.

weiter in Rumänien

Kurzfassung:

Eine Erlebnistour mit dem Motorrad! Die Fahrt führte mitten durch die ukrainischen Waldkarpaten über Mischgirja (Mischhirja, Mizhir'ya ) zum See Sinwir (Synevyr) und von dort zu den höchsten Erhebungen der ukrainischen Karpaten nahe bei Rachiv (Rachiw). Auf der anderen Seite der Theiss (Tisza) in Rumänien führte die Tour durch die Maramures nach Satu Mare.

Baltikum-Tour

Unsere Motorrad-Tour 2007 führte über Polen und Kaliningrad durch das Baltikum, Finnland bis St.Petersburg und über die masurische Seenplatte zurück in die Heimat. Bericht lesen

Schwarzmeer-Tour

Unsere Motorrad-Tour 2008 ging ans Schwarze Meer, dort entlang bis Istanbul und über die Krim, Odessa, Molawien und die Karpaten zurück
Bericht lesen

Reiseberichte.com

Forum für Biketourer:

Das Forum für alle Motorrad-Tourenfahren: www.motorradkarawane.de
Ideal zum Austausch von Reiseinformationen und zum Betrachten von Reiseberichten

Unser Tipp:

Weitere interessante Reiseberichte über Reisen in der ganzen Welt:

Reiseberichte suchen